Die Wahrnehmung von Frauen in Führung – ein Thema, das oft unterschätzt wird! Obwohl Führungsstärke und Durchsetzungsvermögen als zentrale Kompetenzen gelten, werden sie bei Frauen häufig anders bewertet als bei Männern. Noch immer entscheidet weniger das Verhalten selbst, sondern wie es wahrgenommen wird. Und diese Wahrnehmung ist geprägt von Rollenbildern, die tief in unserer Gesellschaft verankert sind.
„Ich schenke dir einen Hexenbesen“ Das Statement habe ich in meiner Karriere schon oft gehört. Und ich erlaube mir, das als Kompliment zu verstehen.
Ich schaffe es auch immer wieder, mir Themen ans Bein zu binden, die dringend mal einen Besen brauchen. Und ja: Ich höre auch, dass ich „Haare auf den Zähnen“ habe.
Aber was heißt das eigentlich?
Ich arbeite nach drei einfachen Prinzipien:
1️⃣ Put the shit on the table. Wenn etwas nicht passt, spreche ich es an – liebevoll, aber direkt.
2️⃣ Konflikte nicht meiden, sondern lösen. Ich habe gelernt, dass Offenheit für Konflikte Wachstum ermöglicht.
3️⃣ Leistung zählt. Ich erwarte Höchstleistung – von mir und von anderen. Und ich spreche an, wenn sie fehlt.
Das sind für mich keine „Hexenmerkmale“. Das sind Eigenschaften von klarer, verantwortungsvoller Führung.
Und trotzdem: Frauen, die sich so verhalten, bekommen oft Etiketten: hart, schwierig, unnachgiebig. Während Männer für dasselbe Verhalten häufig als durchsetzungsstark, klar, führungsstark gelten.
🧹 🧹 Wahrnehmung oder Wirklichkeit? 🧹🧹
Zahlreiche Studien zeigen, dass Durchsetzungsverhalten unterschiedlich wahrgenommen und bewertet wird in Abhängigkeit vom Geschlecht der Person, die es zeigt.
Bereits Eagly & Karau (2002) beschreiben in ihrer Role Congruity Theory, dass Frauen, die sich stark durchsetzen, oft als „inkongruent“ zur traditionellen weiblichen Rolle wahrgenommen werden und deshalb negativer beurteilt werden.
Rudman & Glick (2001) bezeichnen dieses Phänomen als „Backlash-Effekt“: Frauen werden für agentisches, also durchsetzungsorientiertes Verhalten, als kompetent, aber unsympathisch wahrgenommen.
Brescoll & Uhlmann (2008) zeigten, dass Frauen, die Ärger oder Entschlossenheit äußern, als „zu emotional“ oder „dominant“ gelten während Männer mit identischem Verhalten an Status gewinnen.
Tremmel & Wahl (2023) belegten jüngst, dass stereotype Zuschreibungen zu „typisch männlichen“ und „typisch weiblichen“ Führungsstilen in der Bewertung weiterhin fortbestehen. Weibliche Führung wird oft kritischer beurteilt. Übrigens auch von Frauen.
Diese Effekte entstehen nicht durch tatsächliche Unterschiede im Verhalten, sondern durch Wahrnehmungsfilter. Führung und Durchsetzungsfähigkeit werden unbewusst immer noch mit „maskulinen“ Rollenbildern verknüpft.
Wenn Frauen diese Rolle einnehmen, entsteht kognitive Dissonanz und das führt zu Zuschreibungen wie „Hexe“, „Zicke“ oder „zu tough“. Wenn eine Frau also konsequent, direkt und leistungsorientiert auftritt
holt sie sich damit automatisch den Hexenbesen ab?
Würde ein Mann für das gleiche Verhalten Applaus bekommen?
Wir brauchen mehr Bewusstsein für diese Wahrnehmungsmechanismen. Denn Durchsetzungsstärke und Führungsstärke ist keine Frage des Geschlechts.
Diese Fragen stehen auch im Mittelpunkt des Programms „Women in Leadership“ an der Kempten Business School. In neun Wochen reflektieren Teilnehmerinnen, wie Vertrauen, Vielfalt und Selbstführung die eigene Wirksamkeit stärken – begleitet von erfahrenen Mentorinnen und praxisnahen Impulsen.
